Hannoversche Allgemeine

Betreiber denken nicht ans Aufhören

Inge Neumann, die Wirtin des Alten Bahnhofs in Anderten, feierte am Sonntag ihren 70. Geburtstag. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Rolf Rehberg betreibt sie die Gaststätte mit angeschlossenem Biergarten, in der auch häufig Konzerte stattfinden. Ans Aufhören denken beide noch lange nicht.

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Plakate von Bands, Schallplatten und große Spiegel zieren die Wände im Alten Bahnhof Anderten. Im Mittelpunkt des lang gezogenen Raumes befindet sich die Theke, gegenüber die kleine Bühne. An diesem Sonntagmittag stehen darauf Stühle und Tische, ein Stammgast sitzt über seinem Bier am Tresen. Inge Neumann sitzt entspannt an einem der hinteren Tische vor einem großen Fenster, unter dem die S-Bahnen nach Hildesheim, Celle und Hannover verkehren. Seit 23 Jahren ist sie das Gesicht des Alten Bahnhofs Anderten, jetzt hat sie dort ihren 70. Geburtstag gefeiert. Neben ihr sitzt ihr Lebensgefährte Rolf Rehkopf (73). „Ihm gehört doch der Bahnhof. Und ich bin sein Mädchen für alles“, stellt Inge Neumannals Erstes klar und lächelt verschmitzt. „Ich bin aber eher diejenige, die auf die Leute zugeht, ich duze jeden und rede gern mit den Gästen. Rolf ist da eher zurückhaltender.“

Ein Team seit 23 Jahren

<iframe id="vr-frame" scrolling="no"></iframe>Kennengelernt haben sich die beiden vor gut 23 Jahren. „Ich kam beruflich von Braunschweig nach Anderten und wohnte in einem Haus, in dem es nur neue Mieter gab“, erinnert sich Inge Neumann, die ihrem Alter zum Trotz sehr jugendlich wirkt. „Eine Mieterin nahm mich dann einfach in den Bahnhof mit. Es hat mir hier gut gefallen. Aber am meisten hat mir Rolf gefallen. Der hatte so ein ehrliches Gesicht“, sagt sie und blickt ihn liebevoll an. „Und dann habe ich hier einfach mitgemacht“, erzählt sie weiter.

 

 

„Ich war Sekretärin bei der Bezirksregierung. Nach meinen acht Stunden Arbeit habe ich immer in der Kneipe mitgeholfen und bei Konzerten die Karten verkauft - das mache ich heute noch“, berichtet Neumann. Sie seien dann schnell zusammengezogen, bald auch in die Wohnung nebenan. „Das ist sehr praktisch, denn wenn Not am Mann ist, können wir immer einspringen.“

Zudem gibt es nicht mehr die Gefahr, dass sich Nachbarn über den Lärm beschweren. Und laut wird es häufig im Alten Bahnhof Anderten, denn der ist seit Jahren nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel mit deutscher Küche, sondern ein überregional bekannter Veranstaltungsort, in dem wöchentlich Bands auftreten. Einige von ihnen, wie etwa B.B. & The Blues Shaks aus Hildesheim, starteten hier ihre internationale Karriere. „Die waren damals total unbekannt und schickten uns ein Demoband. Das fanden wir so toll, dass wir sie hierher einluden. Und sie kommen seitdem jedes Jahr“, berichtet Rehkopf mit einem kleinen Lächeln.

 

Biergarten ist der ganze Stolz

Neben der Livemusik - „am liebsten Blues!“ - liebt Neumann aber vor allem ihren Biergarten. „Ja, das ist wirklich mein Biergarten, ich habe ihn gestaltet und pflege ihn“, sagt sie strahlend. „Wir haben die Möbelim Laufe der Jahre angeschafft, immer wenn die Saison vorbei war und die Ware reduziert wurde. Es gibt bei uns keine langen Bänke mit Tischen, sondern jede Ecke ist anders gestaltet. Ich kenne einfach keinen schöneren Biergarten und bin schon viel herumgekommen“, meint Neumann. Herumgekommen ist sie vor allem in ihren jungen Jahren. „Ich habe sehr viele Rucksackreisen gemacht, vor allem nach Asien. Einfach deshalb, weil es unschlagbar günstig war, eine Übernachtung kostete gerade mal 1,50 Mark. Ich bin sehr froh über meine Reisen damals, das war toll“, erinnert sie sich mit leuchtenden Augen.

Heutzutage sind es keine Fernreisen mehr, sondern Städtetrips, die sie mit Rolf zusammen macht. „In Florenz waren wir gleich zweimal, weil’s so schön ist“, schwärmt Neumann. Ein bisschen Urlaubsatmosphäre können die beiden auch täglich in ihrem Lokal genießen: „Wir haben drüben gar keine Küche, wir frühstücken hier und essen hier auch Mittag. Das ist purer Luxus für mich“, erzählt Neumann. Für sie kann das Leben gern noch sehr lange so weitergehen. „Ich bin fest entschlossen, hundert Jahre alt zu werden“, meint sie mit spitzbübischem Blick und schaut dabei kurz ihren Lebensgefährten an. „Was soll ich in den Ruhestand, da versauere ich doch nur!“ Man darf gespannt sein, welche Band sie sich zum 80. einlädt - ihren 70. feierte sie mit der AC/DC Frauen-Coverband Black Rosie.

Von Sonja Steiner

 

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